Psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen sind aufgrund von zunehmendem Stress in unserem Alltag auf dem Vormarsch. Gleichzeitig ist das ein Thema, welches heutzutage immer noch stark tabuisiert wird. Eine bekannte und beliebte Heilpflanze ist das Johanniskraut, welches gegen Angst wirken soll. Doch wirkt Johanniskraut wirklich gegen Angst und wenn ja, wie? Johanniskraut ist eine Gattung aus der Familie der Johanniskrautgewächse (Hypericaceae), der volle Name lautet Hypericum perforatum.
Wie wirkt Johanniskraut gegen Angst?
Das Kraut ist auch ein pflanzliches Arzneimittel, das seit jeher zur Behandlung verschiedener psychischer Störungen und körperlicher Beschwerden eingesetzt wird. Johanniskraut wird normalerweise täglich in Form von Tabletten eingenommen, die Johanniskraut-Extrakte enthalten. Johanniskrautöl dagegen ist eher für die äußerliche Anwendung, z.B. zur Unterstützung der Wundheilung, gedacht. Besonders häufig kommt das natürliche Antidepressivum bei Depressionen zum Einsatz (1). Doch wirkt Johanniskraut auch bei Angststörungen und Panikattacken? Diese Frage wollen wir in dem folgenden Artikel untersuchen.
Die Dosierung von Hypericum perforatum
In Studien (2) zu sozialen Angststörungen lag die typische Dosierung zwischen 600 und 1800 Milligramm Johanniskraut täglich. Da die Konzentration der Wirkstoffe jedoch variieren können, kann auch die empfohlene Dosis variieren. Bevor Sie Johanniskraut einnehmen, sollten Sie deshalb einen genauen Blick auf die Produktbeschreibung werfen. Laif 900, ein beliebtes Johanniskraut-Präparat von Bayer, enthält beispielsweise 900 mg Johanniskraut-Extrakt.
Kontraindikationen von Johanniskraut
Es gibt nicht genügend wissenschaftliche Beweise (3), um die Einnahme von Johanniskraut für Kinder unter 18 Jahren oder für schwangere und stillende Frauen zu empfehlen. Johanniskraut kann auch mit vielen anderen Medikamenten, Kräutern und Nahrungsergänzungsmitteln in Wechselwirkung treten und wird daher in diesen Fällen nicht empfohlen.
Wechselwirkungen mit Medikamenten
Johanniskraut beeinträchtigt die Art und Weise, wie der Körper viele Medikamente, Kräuter und andere Nahrungsergänzungsmittel in der Leber verstoffwechselt. Es kann diesen Prozess beschleunigen oder verlangsamen, was zu verstärkten oder verminderten Wirkungen, unerwünschten Reaktionen oder verstärkten Nebenwirkungen führen kann.
Zu den Medikamenten, die möglicherweise mit Johanniskraut in Wechselwirkung (4) treten können, gehören unter anderem die folgenden:
- Antibabypillen
- Krebsmedikamente, wie z.B. Irinotecan
- Cyclosporin (wird eingesetzt, um zu verhindern, dass der Körper transplantierte Organe abstößt)
- Digoxin (stärkt die Kontraktion des Herzmuskels)
- HIV-Medikamente, wie z. B. Indinavir
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs)
- viele Psychopharmaka (z.B. Trizyklische Antidepressiva)
- Warfarin und verwandte Antikoagulanzien
Generell gilt: Lesen Sie die Packungsbeilage und sprechen Sie mit ihrem Arzt oder Apotheker über mögliche Wechselwirkungen.
Nebenwirkungen von Johanniskraut
Die häufigsten Nebenwirkungen von Johanniskraut sind Empfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht, Unruhe, Nervosität, verstärkte Angstzustände, Mundtrockenheit, Schwindel, Magen-Darm-Beschwerden, Müdigkeit/Sedierung, Kopfschmerzen, sexuelle Funktionsstörungen und Hautreaktionen. Im Allgemeinen treten nur bei einem kleinen Prozentsatz der Menschen Nebenwirkungen auf, und die Nebenwirkungen sind in der Regel geringer als bei der Einnahme von herkömmlichen Antidepressiva. Sprich dennoch sofort mit deinem Arzt, wenn du irgendwelche Nebenwirkungen bemerkst.
Johanniskraut gegen Angst – die Wirksamkeit
Aktuelle Forschungsergebnisse (2) legen nahe, dass Johanniskraut bei der Behandlung von leichten bis mittelschweren Depressionen, wozu auch ein Burn Out (Depression mit starker Erschöpfung) zu zählen ist, hilfreich sein kann. Die Nützlichkeit von Johanniskraut als primäre Behandlung von Angstzuständen ist jedoch nicht erwiesen.
Eine Studie (2) aus dem Jahr 2005 über die Wirksamkeit von Johanniskraut bei der Behandlung einer sozialen Angststörung (Sozialphobie) ergab, dass sich bei Patienten, die das Johanniskraut einnahmen, die Symptome nicht mehr verbesserten als bei Patienten, die lediglich ein Placebo einnahmen. Da es keine Forschungsergebnisse (3) gibt, die den Einsatz von Johanniskraut zur Linderung von Angstgefühlen unterstützen, ist der Nutzen und die Wirkung für diesen Zweck fraglich. Wenn Sie jedoch zusätzlich zu Ihrer sozialen Angststörung auch an einer Depression erkrankt sind, kann Ihnen Johanniskraut durchaus helfen.
Was hilft noch gegen Angststörungen?
Wenn bei Ihnen eine (soziale) Angststörung diagnostiziert wurde, sollten Sie sich auf jeden Fall mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin beraten. Er / sie kann Sie zum Beispiele über wirksame primäre Behandlungsmethoden wie kognitive Verhaltenstherapie (KVT) informieren. Für akute Fälle gibt es auch Medikamente, z.B. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI-Antidepressiva). Johanniskraut hilft gegen Angst, wenn überhaupt, dann nicht sicher, somit kann es nicht das Mittel der Wahl bei Angststörungen sein. Andere Ergänzungsmittel bei einer sozialen Angststörung sind etwa Lavendel, Baldrian, Kamille, Kava Kava, Passionsblume, Rhodiola Rosea, Winterkirsche und CBD-Öl.
Fazit: Johanniskraut gegen Angst und Depressionen
Man schätzt, dass zwischen 14 und 29 Prozent aller Menschen in ihrem Leben einmal an einer Angststörung erkranken (5), diese Zahl dürfte bei Depressionen noch höher liegen. Gerade wenn die Ausprägung der Beschwerden bisher nicht ganz so schlimm ist, muss man jedoch nicht gleich zu Medikamenten wie Antidepressiva oder anderen Psychopharmaka greifen, um die Stimmung der Betroffenen zu verbessern. Oftmals reichen nämlich auch pflanzliche Stimmungsaufheller wie Johanniskraut-Präparate als natürliche Hilfe aus, um den depressiven Verstimmungen oder Schlafstörungen entgegenzuwirken.
Bei Ängsten hat sich Johanniskraut aus heutiger Sicht jedoch weiterhin nicht als wirksam erwiesen. Deswegen ist es bei solchen Beschwerden besser, auf alternative Heilpflanzen wie Lavendel, Baldrian, Passionsblume oder CBD-Öl zurückzugreifen.
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Literaturquellen:
- National Center for Complementary and Alternative Medicine. Herbs at a glance: St. John’s Wort. September 24, 2017.
- Kobak KA, Taylor LV, Warner G, Futterer R. St. John’s wort versus placebo in social phobia: results from a placebo-controlled pilot study. J Clin Psychopharmacol. 2005;25(1):51-8. doi:10.1097/01.jcp.0000150227.61501.00
- Sarris J, Kavanagh DJ. Kava and St. John’s Wort: current evidence for use in mood and anxiety disorders. J Altern Complement Med. 2009;15(8):827-36. doi:10.1089/acm.2009.0066
- Chrubasik-hausmann S, Vlachojannis J, Mclachlan AJ. Understanding drug interactions with St John’s wort (Hypericum perforatum L.): impact of hyperforin content. J Pharm Pharmacol. 2019;71(1):129-138. doi:10.1111/jphp.12858
- https://www.klinik-waldschloesschen.de/behandlung/stoerungsbilder/angststoerungen