Die Mistel darf in keinem Kräuterlexikon fehlen. Die weißbeerige Mistel, Viscum Album, hat seit den Kelten einen festen Platz in der Fantasie der Menschen. Damals wie heute hat die Mistel nichts von ihrer Magie verloren und begleitet uns auch im Alltag.
Bringen Misteln über der Tür Glück?
Die Mistel hat ihren großen Auftritt zur Weihnachtszeit. Was schade ist, denn die Pflanze wird unterschätzt und hätte es sich verdient, ganzjährig mehr Beachtung zu bekommen. Die immergrüne Mistel ist vor allem in England ein beliebter Weihnachtsschmuck. Ein Zweig, der über der Eingangstür hängt, sieht nicht nur hübsch aus, sondern soll außerdem viel Glück bringen.
Schon immer galt die Mistel als geheimnisvolle Pflanze, weil sie keine Wurzeln im Erdreich hat, sondern hoch oben in den Baumwipfeln wächst. Ohne fest mit dem Boden verankert zu sein, dem Himmel so nah.
Geschichtliches rund um die weißbeerige Mistel
Bereits 300 Jahre vor Christus war die Mistel bei den Druiden eine heilige Pflanze. Die Druiden bei den Kelten schnitten sie während der Sonnwendfeier mit einer goldenen Sichel vom Baum und verteilten die Mistel. Dabei wurde penibel darauf geachtet, dass die Pflanze nicht mit der Erde in Berührung kam. Sie galt als Glücksbringer, symbolisierte Stärke und war ein Friedenssymbol. Trafen sich beispielsweise Feinde unter einem Mistelzweig, umarmten und versöhnten sie sich. Aus dieser Zeit stammt auch der Brauch, dass sich zwei Menschen, die sich unter einem Mistelzweig treffen, küssen dürfen.
Rund um die Pflanze entwickelte sich ein keltischer Mistelkult. Schnell bekam die Mistel verschiedene Namen, die bis heute noch verwendet werden. Druidenfuß, Donnerbesen, Albranken, Hexenbesen, Zauberkraut oder Vogelkraut, schon diese Bezeichnungen zeigen, wie geheimnisvoll und mysteriös die Mistel war und noch immer ist.
Die Misteln und die Gallier
Nicht nur die Kelten, auch die Gallier wussten über die starke Wirkung der Mistel Bescheid. Aus der Pflanze wurde ein Zaubertrank hergestellt, der die Gallier stark sowie unbesiegbar machen sollte und die Römer das Fürchten lehren sollte.
Plinius der Ältere, 23 – 79 nach Christus, schrieb über den Mistelkult: Der zubereitete Trank macht jedes Tier fruchtbar und ist ein gutes Mittel gegen sämtliche Gifte.
Die Mistel ist geprägt von Widersprüchen
Die umgangssprachlichen Namen wie Albranken, Druidenfuß oder Hexenkraut klingen nicht besonders positiv. Der Alb, immerhin ein böser germanischer Naturgeist, lässt darauf schließen, dass die Pflanze nicht gerade zu den wohltuenden oder guten Gewächsen zählt. Weit gefehlt, denn genau das Gegenteil war und ist der Fall.
Fragen Sie sich jetzt auch, warum dann die Mistel solch eher negative Namen bekam? Die Antwort ist ganz einfach: Die Mistel wird mit allem Bösen, also mit Krankheiten, Geistern, Gespenstern und sogar mit gefährlichen Bedrohungen fertig.
Neben ihrer Heilwirkung ist die Mistel außerdem eine märchenhafte Pflanze. Die Pflanze ist kein Baum, kein Strauch, hat keine Wurzeln und ist für viele Menschen unerreichbar, weil sie hoch oben wächst und dem Himmel näher ist, als wir Menschen.
Die Botanik
Die Mistel gehört zur Familie der Sandelholzgewächse, Santalaceae, und ist eine immergrüne Halbschmarotzerpflanze. Die Samen der Mistel werden gerne von Vögeln, vor allem von der Misteldrossel gefressen.
Über den Kot und den Schnabel der Vögel gelangen die Samen wieder auf die Bäume und der Kreislauf beginnt von vorne.
Es dauert rund 30 Jahre, bis aus den von den Vögeln verstreuten Samen wieder ein größerer Mistelbusch wird.
Die weißbeerige Mistel in der Volksmedizin
Bei all den positiven Überlieferungen war es klar, dass die Pflanze auch Einzug in die Naturheilkunde hält.
Hippokrates verwendete die Mistel bei der Behandlung von Epilepsie, in der damaligen Zeit als Fallsucht bezeichnet, Hildegard von Bingen schwor auf die weißbeerige Mistel bei Lebererkrankungen und Pfarrer Kneipp setzte die Mistel als Kreislaufmittel ein.
Die weißbeerige Mistel – Botox vergangener Zeit
War die weißbeerige Mistel das Botox des 16. Jahrhunderts? Zugegeben, das Wort Botox existierte damals noch nicht, aber so unglaublich es auch klingen mag, alt werden beziehungsweise mit den Beschwerden des Alters wollten sich die Menschen schon damals nicht so recht zufriedengeben.
Hieronymus Bock schrieb im Jahre 1551 eine Notiz in sein Kreütterbuch. Nein, es handelt sich um keinen Tippfehler, damals im Originalbuch wurde tatsächlich über Kreütter geschrieben. Aber zurück zur Mistel und dem Autor Hieronymus. Er war fest davon überzeugt, dass Misteltropfen gegen Alterserscheinungen helfen.
Heute werden in der Volksmedizin der Mistel Heilkräfte bei Bluthochdruck, Menstruationsbeschwerden und bei Stoffwechselstörungen zugeschrieben.
Kritische Gedanken zur Mistel
Die weißbeerige Mistel wird immer wieder in der Krebstherapie verwendet. Doch dabei scheiden sich die Gemüter. Für die einen ist die Misteltherapie eine gute Unterstützung des Körpers beim Kampf gegen den Krebs, für andere einfach Scharlatanerie.
Tatsache ist, die Mistel ist giftig. Einmal mehr, einmal weniger. Die Stärke des Giftes hängt davon ab, auf welchen Baum der Halbschmarotzer wächst. Es spielt nämlich eine nicht zu unterschätzende Rolle, ob zum Beispiel eine Eiche oder ein Birnenbaum der Wirt ist.
Achtung: Wagen Sie keine Selbstexperimente. Bei schwerwiegenden Krankheiten müssen Sie immer den Arzt konsultieren.
Wichtig ist auch, dass der Misteltee immer als Kaltauszug zubereitet wird. Nur so wird das Viscotoxin, also der Giftstoff, nicht gelöst.
Tipp:
Die Mistel wird für mindestens 12 Stunden kalt angesetzt. Danach wird der Kaltauszug abgeseiht und vor dem Trinken langsam erwärmt. Der so entstandene Misteltee wird über den Tag verteilt in kleinen Schlucken getrunken.
Räuchern mit der Mistel
Beim Räuchern wandelt die Mistel Negatives in Positives um. Die Pflanze schafft es, für Bewegung zu sorgen. In fast allen Schutzräucherungen ist die Mistel ein wichtiger Bestandteil der Räuchermischungen. Wenn Sie Ihr Haus oder Ihre Wohnung gegen den Uhrzeigersinn räuchern, bauen Sie mit der Mistel einen Schutz auf.
Bedenken Sie, dass Sie nach der Räucherung mit der Mistel vielleicht intensiver träumen beziehungsweise Ihre Träume bewusster erleben.
Stellt sich zum Schluss noch die Frage, warum wir gerade im Advent und zur Weihnachtszeit uns einen Mistelzweig an oder über die Tür hängen. Wie bereits anfangs erwähnt, stammt der Brauch aus England, erfreut sich jedoch auch bei uns großer Beliebtheit. Die Antwort ist ganz simple: Die weißen Beeren der Mistel sind im Dezember in schönster Pracht und werden umgangssprachlich auch gerne als Adventsperlen bezeichnet.
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