Meditation gehört inzwischen zu einer der am weitesten verbreiteten Methoden der Selbstheilung. In Indien gehören Yoga und Meditation seit vielen Jahrhunderten ganz selbstverständlich zur Kultur. Bei uns in Europa sind es erst wenige Jahrzehnte. In diesem Artikel soll es um die acht Pfade des Yoga gehen. Sie sind traditionell die Stufen, die beim Erlernen von Meditation erklommen werden müssen.
Selbstheilung durch Meditation – die acht Glieder des Yoga
Die acht Pfade des Yoga sind auch für täglichen Meditationen zur Selbstheilung mehr oder weniger deutlich voneinander abgrenzbare Phasen. Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi heißen die acht Glieder des Yoga. Sie sind interessant, um die Tradition des Yoga zu verstehen. Sie sind zudem eine sehr gut funktionierende Grundorientierung für jeden, der das Meditieren von Grund auf erlernen will. Ein echter Klassiker und heute so gültig wie einst. Man kann sie auch als Essentials für die Meditation als Methode der Selbstheilung verstehen.
Selbstheilung durch Meditation – mit kritischer Reflexionsdistanz
Wichtig für uns heutige ist allerdings eine kritische Reflexionsdistanz. Man muss sich nicht an der kulturellen Bedeutung der Begriffe festhalten oder – umgekehrt – sich von ihnen abschrecken lassen. Das gilt sowohl für Yama, Niyama etc. selbst, als auch für deren Übersetzungen wie Erleuchtung. Zufriedenheit, Genügsamkeit, Glaube, Unterwerfung an Gott sind zum Beispiel Begriffe, um zu beschreiben, was Niyama (Yogis) alles bedeutet.
Ich will die Wahrheit solcher Beschreibungen nicht diskutieren, sondern nur feststellen, dass es Beschreibungen in einem bestimmten Kontext sind. Im Kontext des traditionellen Yogas mögen sie sinnvoll und stimmig sein. Für einen modernen Europäer passen sie in der Regel nicht zu seinen Erfahrungen. Anders gesagt: Das Handwerk selbst ist universell – eine formale Struktur. Die Erfahrungen, die man mit diesen acht Stufen macht, ist eine Aufgabe, die höchst individuell ist. Im Folgenden habe ich deshalb die Beschreibungen der acht Pfade oder Stufen des Yoga so gewählt, dass sie die Handlung selbst beschreiben und die religiösen oder kulturellen Verknüpfungen herauslassen.
Selbstheilung durch Meditation: Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana ⇒ Samadhi
Die acht Pfade kann man sich bildlich im Sinne von Gliedern einer Kette oder auch als Pfade hinauf auf einen Berg vorstellen.
- Nacheinander: als Schritt – für Schritt – Abfolge
- Acht Elemente, von denen jedes einzelne unverzichtbar für jedes der sieben anderen ist.
Mal schnell sich ein wenig fit meditieren und gleich mit dem 7. Schritt zu beginnen, um so schnell wie möglich zum achten zu kommen, wird nicht funktionieren. Der 3. Schritt wird oft unterschätzt: Ohne im Asana bequem und ausdauernd sitzen zu können – vergiss es. Du wirst immer und nur mit deinem Asana beschäftigt sein und von den weiteren Stufen allerhöchstens mal einen Hauch zu ahnen bekommen.
1. Yama = Achtung gegenüber den Mitmenschen
- Das Verhalten gegenüber anderen Menschen ist von Wahrhaftigkeit, Anerkennung (Ehrung, Höflichkeit) und Verständigung (statt Gewaltaktionen) geprägt. Yama und Niyama, die ersten beiden Pfade der Meditation, beschreiben zunächst einmal die Voraussetzungen, um überhaupt sinnvoll mit dem Meditieren zu beginnen. Wer zum Beispiel zu Gewalt neigt, andere oder sich selbst belügt – dem ist der Weg der Meditation (noch) versperrt. Nicht, weil da jemand stünde, der ihn vom Meditieren abhalten würde. Sondern: Er selbst steht da als Hindernis und denkt nicht daran, sich selbst ernstzunehmen, anzunehmen und zu ergründen. Er ist zu weit weg von sich selbst. Auf Selbstheilung durch Meditation wird er gar nicht erst kommen. Und wenn doch, wird er / sie nichts damit anfangen können.
2. Niyama = Achtung gegenüber sich selbst
- Das Verhalten in Bezug auf sich selbst zeichnet sich vor allem durch Konsistenz und Integrität (alle Elemente und Bereiche des Lebens passen zueinander) aus. Das kann man dann im Einzelnen aufschlüsseln und in einem modernen Vokabular zum Beispiel so beschreiben: Selbstverantwortlichkeit (statt Fremdbestimmtheit), Vernunft (statt Naivität), Selbst-Ehrlichkeit (statt Wunschdenken), Autonomie (statt auf Autoritäten fixiert), Angemessenheit (statt Formalismus), Selbstdisziplin (statt Willkür oder willenloses Blatt im Wind), Produktivität (statt eitle Nabelschau) und Stolz auf den eigenen Weg, (statt auf das schon Erreichte) aus. Von Meditation ist hier noch immer nicht die Rede, was Achtung sich selbst gegenüber mit Selbstheilung zu tun hat, dürfte dagegen unmittelbar einleuchtend sein.
3. Asana = Körper-Haltung, Sitz, Harmonie des Körpers
- Als Asana werden alle bekannten Yoga-Stellungen bezeichnet. Allerdings sind nicht alle Asanas für eine längere Meditation geeignet.
- Ziel jedes Asana ist es, die beschriebene Haltung des Körpers exakt und mühelos einnehmen zu können.
- Die Beherrschung wenigstens eines Asana ist, auch meiner Erfahrung nach, eine wichtige Voraussetzung, um sich erfolgreich in den Bereich der Meditation zu wagen. Ohne ein sauberes und schmerzfreies Asana wird das Meditieren sehr mühsam.
- Das traditionelle Asana ist der sogenannte Lotussitz der Yogis. Auch Bilder und Skulpturen von Shiva und anderen Göttern im Hinduismus bieten Anschauungen, wie der vollständige Lotussitz eingenommen wird. Aber auch einige andere Asana-Stellungen sind gut geeignet, die Pfade der Selbstheilung durch Meditation zu beschreiten.
- Der halbe Lotossitz
- Der Siddhi oder Siddhasana, auch der vollkommene Sitz genannt
- Varjasana, der Fersensitz, auch Heldenpose, Drachensitz oder Diamantsitz genannt
- Das Savasana, auch Totenstellung genannt
4. Pranayama = Atembeherrschung, Harmonie der Lebensenergie
- Beim Pranayama wird die Methode der Atemkontrolle erlernt und geübt. Dabei wird abwechselnd einer der beiden Nasenflügel mit dem Daumen verschlossen.
- Durch das andere Nasenloch wird tief und vollständig eingeatmet, sodass die Prana-Energie bis in den Beckenboden hinabsinken kann und ihn weitet. Nachdem bis zu einigen Minuten die Luft so gehalten wurde, wird nun durch das andere Nasenloch ausgeatmet.
- Ziel des Pranayama ist der Ausgleich der Energien der rechten und linken Körperhälfte (männliche und weibliche Energien). Faktisch bekommt es viele Menschen dabei heftig mit ihren Gefühlen zu tun. Ruhig weiteratmen hilft aber sehr gut, diese Gefühle auch zulassen zu können. Und auch außerhalb der Übung gibt es viele Möglichkeiten, seine Gefühle zuzulassen und positiv zu beeinflussen, und sei es durch bewusste Ernährung.
5. Pratyahara = Zurückziehen der Sinne, Harmonie der eigenen Emotionen
- Pratyahara tritt am leichtesten als ein Phänomen gut konzentrierter Meditation auf.
- Die Aufmerksamkeit des Übenden ist so vollständig auf sein Meditationsobjekt gelenkt, dass er sich von der Außenwelt durch nichts mehr stören lässt.
- Das führt dann dazu, dass buchstäblich nichts mehr gehört wird. Stille tritt ein. Bei anderen zeigt sich Pratyahara zuerst durch Schwärze.
- Ist dieser Zustand erreicht, werden Energien erzeugt, die in der Wissenschaft als Alpha-Wellen beschrieben und im EEG auch gemessen werden können.
6. Dharana = Konzentration, Harmonie der eigenen Gedanken
- Konzentration der Aufmerksamkeit ist eine Aufgabe, die mehrere Stufen durchläuft.
- Sie reicht von unterbrochener, über durchgehende Konzentration bis hin zur mühelosen und schließlich spontanen Konzentration.
- Um höhere Konzentrationsstufen in der Meditation zu erreichen, sind die vorher genannten Glieder des Yoga Voraussetzung.
- Zumindest werden körperliche Schmerzen, wirbelnde Gedanken oder durch den Körper schießende Gefühle als schwierig zu meisterndes Hindernis für die Konzentration erlebt.
- Allerdings hilft disziplinierte Konzentration auch sehr effektiv über solche Hindernisse hinweg.
7. Dhyana = Versenkung, Meditation, Kontemplation, Selbstheilung
- Meditation – wird klassischerweise in einem Asana ausgeführt. Die Aufmerksamkeit wird dabei auf ein einen zuvor gewählten Punkt (Aufmerksamkeitsfokus) gelenkt.
- Und so weitgehend und vollständig wie nur möglich soll diese Aufmerksamkeit während der gesamten Meditation beibehalten werden.
- Der Aufmerksamkeitsfokus selbst kann sehr verschieden sein: Der Atemfluss (Pranayama ist z.B. auch eine Form der Meditation), ein Symbol oder Bild, ein heiliges Wort (Mantra), eine bedeutungslose Buchstaben-Folge oder die Empfindung einer bestimmten Körperstelle. Sinnvoll ist es in der Regel, mit diesem oder jenem Meditationsfokus unterschiedlicher Art Erfahrungen zu sammeln, um herauszufinden, welches das für MICH am besten geeignete ist.
8. Samadhi = Ekstase, Verschmelzung, Vereinigung
- Ziel der Meditation ist klassischerweise die Erfahrung von Samadhi.
- Samadhi heißt Vereinigung – mit dem Objekt der Meditation.
- Umso vollständiger es dem Übenden gelingt, sich auf den Meditationsfokus einzulassen, desto näher kommt er einem Zustand von Samadhi.
- Samadhi ist mit intensiven Ekstase-Phänomenen verbunden, ähnlich (aber nicht identisch, sondern eher intensiver) einem Orgasmus.
- Jedoch treten Ekstase-Phänomene auch schon auf den mittleren Stufen der Konzentration auf.
Quellen:
- Text: eigene Erfahrung / Yogawiki / die 8 Pfade des Yoga
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